Interview: Teilzeit gleich Karrierebremse?
Vereinbarkeit: Führungskraft in Teilzeit
In Deutschland arbeiten knapp 15 Prozent der weiblichen Führungskräfte in Teilzeit. Bei den Männern sind es nur ein Prozent. Wer in Teilzeit arbeiten möchte, macht keine Karriere mehr. Diese Vorstellung ist weit verbreitet. Doch ist das die Realität? Stimmt das so? Ich habe ein Interview mit Gabriele Gonschor geführt. Sie lebt das Teilzeitmodell als Führungskraft.
Liebe Gabriele, du bist Teamleiterin in der Abteilung Neue Versorgungsangebote bei der SBK. Wie sieht dein Teilzeitmodell aus?
Ich arbeite 30 Stunden an vier Tagen in der Woche. Den freien Tag
brauche ich einfach, um auch den Haushalt zu erledigen, ein bisschen Freiraum
für mich zu haben oder auch mal mittags für die Kinder da zu sein. Die
Möglichkeit des Homeofficegibt es bei uns. Ich nutze das allerdings selten, da
ich viele Besprechungstermine habe. Wenn ich aber keine Termine habe, spart mir
das doch auch Zeit, im Homeoffice zu arbeiten, da dann der Arbeitsweg entfällt.
Wie lange ist dein
Arbeitsweg?Von Haustür zu Haustür mit der U-Bahn brauche ich ca.
25-30 Minuten.
Du
hast 2 Kinder: 1 Schulkind und 1 Kindergartenkind – hast du Elternzeit
gemacht und wenn ja, wie lange pro Kind? Ich war bei beiden Kindern ein knappes Jahr zu Hause.
Die Eingewöhnung in die Krippe hat dann beide Male mein Mann gemacht.
Wie
kann so eine Stelle mit so viel Verantwortung mit 30 Stunden bewältigt
werden? Gibt es ein Tandem oder fängt jemand die restlichen Stunden auf?
Es gibt kein Tandem. Mit 30 Stunden ist der Job in der
Regel machbar. Wichtig ist der Wille bei allen Beteiligten, das hinzubekommen. Allerdings
ist nach meiner Erfahrung schon eine gewisse zeitliche Flexibilität notwendig:
Also auch mal länger im Büro bleiben oder den freien Tag streichen, bzw.
wenigstens im Homeofficeeinen Blick auf die E-Mails werfen. Auch Dienstreisen
müssen mal möglich sein.
Wie
unterstützt dein Arbeitgeber dich, wenn die Kinder krank sind?
Bei der SBKhaben wir volle Lohnfortzahlung für sieben Sonderurlaubstage
im Jahr, die man auch für die Krankheit der Kinder nutzen kann. Sie ergänzen
den gesetzlichen Kinderkrankengeldanspruch. Auch hier wäre natürlich Homeoffice eine Möglichkeit, wobei
das bei mir mit den noch relativ kleinen Kindern noch keine Option ist, da sie einfach
viel Aufmerksamkeit brauchen und meine Kids sich da doch schwer tun, mich auch
mal ohne Unterbrechung in Ruhe ein Telefonat führen zu lassen.
Wer
betreut die Kinder im Krankheitsfall?
Mein Mann und ich versuchen, uns hier so gut es geht
abzuwechseln, und entscheiden je nach Terminkalender, für wen es einfacher ist,
zu Hause beim kranken Kind zu bleiben. Wenn das Kind wieder auf dem Weg der
Besserung ist, aber noch nicht fit genug für die Schule oder Kita, haben wir
den Luxus, dass die Großeltern vor Ort sind und uns tatkräftig unterstützen.
Kurzfristiger
Ausfall: Wie organisierst du dich in solch einer Situation?
Ein gutes Team muss auch ohne Chefin mal funktionieren
und die Kollegen mich auch mal vertreten können.
Wenn
Arzttermine oder Nachmittagsveranstaltungen anstehen, z.B.
Geburtstagsfeiern, kannst du das dann mit der SBK absprechen und im
Ausnahmefall früher gehen?
Meine Arbeitszeit ist recht flexibel und für solche
privaten Termine ist es kein Problem früher zu gehen, zumindest, wenn ich das
rechtzeitig planen kann.
In
welcher Weise unterstützt dich dein Arbeitgeber als Mutter?
Es gibt wie gesagt die volle Lohnfortzahlung für sieben
Krankheitstage des Kindes, flexible Arbeitszeiten, auch einen
Eltern-Kind-Arbeitsraum und einen verständnisvollen Chef. Alle SBK-Mitarbeiter
können zudem einen Familienservice in Anspruch nehmen, der beispielsweise bei
der Suche nach Krippen- oder Hortplatz unterstützt oder Ersatz für kurzfristige
Betreuungsengpässe organisiert. Die Kosten dafür übernimmt die SBK.
Was
fehlt deiner Meinung nach oft bei anderen Unternehmen und macht es den
Müttern und Vätern oft schwer nach der Elternzeit zurückzukehren?
Ich denke, worauf es ankommt ist Vertrauen: Ein
Unternehmen muss Vertrauen in die Mütter und Väter haben, dass sie Job und
Familie unter einen Hut bekommen. Hinzu kommt das Verständnis dafür, dass für
Mitarbeiter mit Familie Rahmenbedingungen gibt, auf die das Unternehmen auch in
gewissem Maße Rücksicht nehmen muss.
Ich
selbst habe auch eine Manager-Position – leider befristet. Eine solche Position “von außen” in Teilzeit zu
bekommen ist recht schwierig – also wenn man nach der Elternzeit nicht in
das Unternehmen zurückkehrt, in dem man vorher in Vollzeit gearbeitet hat.
Die SBK beschäftigt ungewöhnlich viele Arbeitnehmer in Teilzeit, die auch
in gehobeneren Positionen tätig sind. Stellt sie denn auch “von außen” ein
oder sind das alles “Wiederkehrer”?
Generell
sind alle Stellen bei der SBK teilzeitfähig – das gilt auch für
Führungspositionen. Und das gilt selbstverständlich auch für externe
Stellenausschreibungen. Und das sind keine hohlen Phrasen: In der Praxis klären
Mitarbeiter und SBK ganz individuell, wie sich die jeweilige Position gestalten
lässt. Denn neben einem reinen Teilzeitmodell wie bei mir ist zum Beispiel auch
ein Job Sharing möglich – einige Kollegen teilen sich seit Jahren erfolgreich
zu zweit eine Führungsposition. Bereits gelebt wird auch das dauerhafte
Delegieren von Aufgaben der Führungskraft an ein Talent im Team, um zeitliche
Entlastung zu schaffen. Kollegen haben auch schon eine Führungsposition aus der
Teilzeit heraus neu begonnen, haben übergangsweise Vollzeit gearbeitet, um dann
wieder Stunden zu reduzieren. Die SBK bietet hier wirklich sehr viel
Flexibilität.
Wie man bei der SBK sieht, ist es durchaus möglich eine Führungsposition in Teilzeit inne zu haben. Klar, es gehört eine Portion Flexibilität dazu – von Seiten des Arbeitnehmers als auch von Seiten des Arbeitgebers. Vertrauen ist hier ganz groß geschrieben. Wer ein Kontrollfreak ist, der lässt seine Mitarbeiter nicht von zu Hause arbeiten oder gewährt flexible Teilzeitmodelle. Wie Führen in Teilzeit und so die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch für Führungskräfte gelingen kann, dass zeigen leider nur wenige Unternehmen. Diese 5 Tipps können helfen, um Führen in Teilzeit möglich zu machen:
- Führungsaufgaben richtig definieren und abgrenzen
- größere Mitarbeiterautonomie erreichen
- flexibles Arbeiten ermöglichen
- Teilzeitführung in die Unternehmenskultur integrieren
- klare Spielregeln für die Zusammenarbeit schaffen.*
*http://zeitschriften.haufe.de/ePaper/personalmagazin/2014/4AF9CB27/files/assets/seo/toc.html
Vielen Dank, Gabriele, für das Interview. Man sieht, wo ein Wille ist, da auch ein Weg. Es sollte für mehr Unternehmen selbstverständlich sein solche Teilzeitmodelle in Erwägung zu ziehen. Leider fühlen sich viele nicht in dieser Verantwortung. Doch Teilzeitmodelle sind die Zukunft für zufriedene Mitarbeiter.
Wie ergeht es euch im Job? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Ich nehme auch gerne (anonyme) Gastartikel zu diesem Thema auf. Meldet euch einfach bei mir unter isa@larilara.de
Bis bald
eure Isa
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