Interview: Mutter und selbstständig – so geht es!

Mutter und selbstständig

Selbstständig und Selbstverwirklichung – und das als Mutter – wie geht das?

Liebe Hanna,

vor einiger Zeit durfte ich dich persönlich treffen. Seit du mir geholfen hast, mein Leben etwas zu entrümpeln, fühle ich mich wohler in meinen eigenen vier Wänden. Durch unser Gespräch konnte ich herausfinden, was mich tatsächlich an meinem Zuhause stört oder wo ich zur Ruhe kommen kann.

Nun fragten einige interessierte Leser, wie du zu deinem Beruf gekommen bist. Also erzähl doch mal kurz.

Hanna: Also, im Grunde genommen habe ich mir meinen neuen Beruf selber ausgedacht. Ich habe schon als kleines Mädchen total gerne sortiert, bei meiner Oma die Küche aufgeräumt und auf Dachböden und in Kellerräumen meiner Verwandten nach Brauchbarem für Zuhause gesucht. Später habe ich Architektur studiert und Räume entworfen und parallel immer mal wieder Freunden in speziellen Wohnsituationen geholfen. Das ging von Möbelrücken, passende Bilder malen bis hin zu Haushaltstrennungen innerhalb kürzester Zeit. Auch bei der Wohnungssuche habe ich oft geholfen. Das Wohnen der anderen hat mich immer sehr interessiert und Wohnlösungenfür andere zu finden, fiel mir sehr leicht. Auf dem Weg in die Selbständigkeit habe ich all diese Erinnerungen gesammelt und gemerkt, dass genau das mein Talent ist und mir Freude und Kraft gibt.

Du warst früher im Angestelltenverhältnis und hast als Architektin gearbeitet. Daher kommen auch deine feinen Antennen für das Schöne und für individuelles Wohnen. Wieso hast du den Weg der Selbstständigkeit eingeschlagen?

Hanna: Mein zweiter Wiedereinstieg aus der Elternzeit in die Tätigkeit als Architektin verlief nicht sehr positiv. Es herrschte in unserem Büro inzwischen Druck auf allen Ebenen und wenig Raum für Reflexion der Arbeit. Als sehr pflichtbewusster und selbstkritischer Mensch kam ich dort nicht mehr zurecht. Aus dieser Not heraus wagte ich dann mit knapp über Vierzig endlich den Schritt, ohne Chef und 100% selbstbestimmt zu leben und zu arbeiten. Ich hatte nicht viel zu verlieren außer einem geringen monatlichen Teilzeitgehalt. Größer als die Existenzangst war die Angst, wenn ich bliebe, meine Selbstachtung komplett zu verlieren und den Zug in die Unabhängigkeit zu verpassen. Irgendwie sagte mir mein Gefühl, dass ich besser und glücklicher arbeiten könnte, wenn ich aus mir selbst heraus etwas schaffen würde.

Selbstständigkeit als Mutter



Ich habe ja auch schon hin und wieder mit der Selbstständigkeit geliebäugelt. Bin aber ehrlich gesagt ein kleiner Angsthase. Wie klappt das bei dir und der Selbstständigkeit?

Hanna: Ganz ehrlich, ich habe es noch nicht einen Tag bereut, mich in die berufliche Selbständigkeit begeben zu haben. Es war ein langer Weg bis zu den ersten Aufträgen, aber ich wurde gut betreut durch die Lawaetz-Stiftung (Businessplan und Kosten), die hei. (Gründungsseminare) und eine persönliche, psychologische Begleitung, um mit Ängsten und Unsicherheiten umzugehen und sie teilweise auch zu meinem Vorteil umzuwandeln. Ich habe gelernt, dass es kein allgemein gültiges Rezept für eine Selbständigkeit gibt, aber überflüssige Tipps an jeder Ecke. Man sollte seine Selbständigkeit auf der eigenen Persönlichkeit aufbauen, denn nur man selbst wird jeden Tag dabei sein. Ich persönlich nehme mir Zeit für meine Kunden, arbeite nicht supereffektiv und kalkuliert, aber ich bleibe bei mir, höre zu und fühle mich fast jeden Tag gut damit. Ich bin inzwischen viel selbstbewusster geworden, merke wo es mir leicht fällt und was ich nicht mag und entscheide mich dann auch mal dagegen. Ich habe plötzlich die Wahl und das ist toll!

Du bist auch selbst Mutter von zwei Kindern (4 und 7). Bist du flexibler in der Einteilung von Arbeit und Kindern als vorher? Wie strukturierst du deinen Alltag?

Hanna: Mein Alltag mit Arbeit und Familie ist sehr strukturiert und im Grunde genommen ist es zeitlich fast wie vor meiner Selbständigkeit. Meine Kinder sind bis spätestens 8.30 Uhr in Schule und Kita angekommen und ich treffe sie um 15.00 Uhr wieder. Der Unterschied ist, dass ich morgens noch Zeit allein zuhause habe für den Frühstückstisch und die Wäsche und nachmittags für ein anständiges Mittagessen und Bettenmachen. Ich fahre erst nach dem morgendlichen Berufsverkehr los, denn meine Kunden erwarten mich meistens erst um ca. 10.00 Uhr. Wenn ich an einem Tag kürzere Erstberatungsgespräche habe, kann ich den Wocheneinkauf oder auch mal einen Arzttermin einbauen. Büroarbeit mit Skizzen, Recherche und Buchhaltung schiebe ich gelegentlich auf den frühen Abend oder aufs Wochenende wenn meine Kinder mal ab und zu ganz vertieft spielen. Jeder Tag ist ein bisschen anders, aber die Zeiten mit meinen Kindern sind fest. Ich komme auf maximal 30 Arbeitsstunden pro Woche.

Dein Job beinhaltet auch viele Reisetätigkeiten in und um Hamburg. Hast du ein Netzwerk aufgebaut, wenn du mal am Nachmittag zum Kunden musst?

Hanna: Ich habe auch Kunden, die nur nachmittags oder am Wochenende können. Das ist aber die Ausnahme und dann unterstützt mich meine Mutter oder eine sehr gute Freundin von nebenan, die dann beide Kinder zu sich nimmt. Ich versuche den Alltag für meine Kinder so unaufgeregt wie möglich zu gestalten und da ist ein Nachmittag mit Babysitter die Ausnahme. Für meine kleine Tochter ist das einfach noch zu anstrengend.

Ich habe in unseren Gesprächen gemerkt, dass du deinen Job liebst. Das ist wirklich toll. Was kannst du Müttern mit auf den Weg geben, die ihr Leben „aufräumen“ wollen? 

Hanna: Um das eigene Leben aufzuräumen, muss man ganz ehrlich zu sich selbst sein. Dabei hilft es, ein bisschen in der Vergangenheit zu wühlen. Wann hat man sich gut gefühlt, wann hat man sich unwohl gefühlt. Wie sahen die Vorstellungen von der Zukunft früher aus, was ist wahr geworden. Was sind die heutigen, erwachsenen Vorstellungen vom Leben. Was will man ändern und was hindert einen daran. Manchmal hilft schon das laute Aussprechen von Wünschen. Ich empfehle kleine Schritte nacheinander. Das Schwierigste, vielleicht Unmögliche ist, einen komplett durchdachten Plan zu haben. Mein Plan damals war, dass ich keinen Plan habe. Ich kannte nur Schritt 1 und das war, um meine Kündigung zu bitten.

Lieben Dank, Hanna, dass du uns mit auf diese spannende Reise genommen habt. Wenn auch ihr mit der Selbstständigkeit liebäugelt, stellt euch doch genau diese Fragen oder holt euch Unterstützung durch z. B. ein Coaching.

Oder habt ihr euch schon selbstständig gemacht? Erzählt gerne davon.

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4 Kommentare

  • Wow, einfach nur bewundernswert! Ich finde es klasse, wenn die Menschen ihre Träume nicht aufgeben und um jeden Preis darum kämpfen. Respekt!

  • Super spannend. Ich arbeite ja auch von zu Hause aus. Das ist manchmal ein großer Segen, aber auch nicht immer nur ein Spaziergang.

  • Oh, wow! Ich finde es toll, wenn Menschen tun, was sie lieben und lieben, was sie tun 😍 ich liebe meinen Job auch total, bin aber ein klitzekleines bißchen froh, dass ich mir niemals existenzielle Fragen stellen muss ❤️

  • Das klingt spannend. Ich wusste bis eben nicht, dass es auch solche Angebote und Jobs gibt.

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